Mainz & Darmstadt 02/2014

  • 14.02.2014
  • FSV Mainz 05 – Hannoverscher SV von 1896 2:0
  • 1.Bundesliga (I)
  • Coface Arena (Att: 26.754)

Am Valentinstag habe ich mir wie jedes Jahr Zeit für meine große Liebe genommen; den Fußball. Die nicht mehr ganz so große Liebe Hannover 96 spielte heute in Mainz gegen den örtlichen Fußball- und Sportverein von 1905 und am Folgetag empfing die große Liebe meines ehemaligen Mitbewohners, der SV Darmstadt von 1898, den Sport- und Schwimmverein aus Regensburg. Gute Gelegenheit mal wieder einen Neunerbus zu befüllen und ein paar Zimmer bei unserer französischen Lieblingshotelkette zu buchen.

Stehplatz ermäßigt in unserem Bomber

Mit diversen Kisten des Herrenhäuser Pilsbiers und ein paar harten Mettwürsten starteten Pota, Pumba, Ole. der Ziii, Uboot-Kopetsch, der stumme Kai, Fat Lo, Niklas Holgersson und ich vormittags nach Mainz. Dort checkten wir in Mainz-Hechtsheim in unser Hotel ein und mussten daraufhin die gefühlt 10 km in die Innenstadt mit der Strassenbahn überwinden. Am Hauptbahnhof verließen wir das öffentliche Nahverkehrsmittel und setzten uns in die bei jung und alt beliebte Gardinenkneipe Bonifatiusstübchen. Dort ließ es sich natürlich prima aushalten, bis irgendwann der Ziii und Pota draußen vor der Kneipe über ihren geliebten Boxsport plauderten. Das bekam ein gerade vorbeischlendernder Fußball-Gewalttäter aus Mainz in den falschen Hals und wenig später tauchte er, in freudiger Erwartung auf gleichgesinnte Hannoveraner zu treffen, mit vielen seiner Freunde wieder auf.

Biergenuss im Bonifatiusstübchen

Wir sollten doch bitte die Gastwirtschaft verlassen und in eine Nebenstraße folgen. Blöd, dass wir gerade eine neue Runde bestellt hatten und Bier lieber mochten als Stadtführungen von ungeschulten Guides. Der Mann drohte zwar noch, dass sie draußen warten würden, aber als wir wenig später einen Bus zum Stadion nahmen, hatten die Herren entweder andere Touristen gefunden oder sie wurden zwischendurch von der Polizei nach ihren Konzessionen als Stadtführer kontrolliert. Das Mainzer Stadion liegt ja mittlerweile auf der grünen Wiese außerhalb der Stadt und ist dementsprechend am besten mit Shuttlebussen (oder noch besser mit Taxis) aus der Innenstadt zu erreichen. Das Stadion ist eigentlich ganz okay und stimmungsfreundlich, aber ihm fehlt irgendwie der Charme. Die Stadionlandschaft in der Bundesliga hat einfach zu wenig Abwechslung zu bieten.

In der neuen Mainzer Arena

Mainz 05 war heute, in einem wenig spektakulären Fußballspiel, das etwas bessere Team. Die erste Halbzeit war das Übergewicht der Hausherren noch überschaubar, aber im zweiten Durchgang waren sie eine Ecke besser als 96. Das 1:0 durch Malli in der 51.Minute war verdient und die 05er waren danach dem 2:0 näher als 96 dem 1:1. Nach einem beachtenswerten Start von Neu-Trainer Tayfun Korkut, mit zwei 3:1 Siegen gegen Wolfsburg und Mönchengladbach, sieht es so aus, als käme die eklatante Auswärtsschwäche nun zurück. Schon in der Vorwoche verlor man 2:0 auf Schalke und heute sorgte Choupo-Moting in der Nachspielzeit für das gleiche Endergebnis aus 96-Sicht. Da war ich mit Ole allerdings schon in der gemütlichen Kneipe Zur Andau in der Mainzer Innenstadt. Es fehlt zur Zeit einfach an Leidenschaft für die Roten bei mir. Der schlechte Fußball der letzten Monate, die Fan- und Vereinspolitik der beiden Kahlköpfe Kind und Dufner und das erbärmliche 0:0 im Derby sind nur drei von vielen Faktoren zur Zeit, die die Lust auf 96 bei mir einschränken. Und ich bin wohl leider kein Einzelfall.

Gästeblock in Mainz

Nach dem Spiel vereinigte sich unser kleine Mob wieder zum fröhlichen Pub Crawl in der Mainzer Innenstadt. Ein paar Pubs hatte dieses Mainz ja zu bieten. Der Irish Pub Mainz war ’ne gemütliche Kellerbar mit Live Music und im Porter House traf man auf andere Hannoveraner, sowie kommunikative Studentinnen. Der Hunger zwischendurch wurde mit pakistanischen Fast Food gestillt. Quasi ein britischer Abend in Rheinhessen. Beim nächsten Wechseln der Bar hörten Ole und ich mächtig Lärm aus einem Altbau dröhnen. Das musste eine WG-Party sein, also nichts wie rein in das Haus. Als wir klingelten, kam die große Enttäuschung. Da hatte sich nur ein Haufen junger Kerle in ein Wohnzimmer gequetscht, zockte X-Box, hörte Hip Hop und kiffte und soff dazu. Man bot uns zwar an zu bleiben, aber das lehnten wir dankend ab. No Girls, no Party! Also erstmal wieder Richtung Schillerplatz und dort die Kneipen abgehoppt. Wir hatten von meinem ehemaligen Mitbewohner auch noch ein paar Tipps für spätabends bekommen, aber letztlich nahmen wir die letzte Bahn nach Hechtsheim, da ein langer Tag hinter uns lag und wir zu geizig für einen Clubbesuch und eine anschließende Taxifahrt waren.

Publife in MZ

Okay, Pota war mit einem Girl verschwunden und der stumme Kai sah es nicht ein einen kurzen Sprint zur Bahn einzulegen. Ole und Niklas hatten wir ebenfalls verloren. Aber 5 von 9 war ja keine schlechte Quote und am nächsten Morgen zählte ich sogar 8 von 9. Nur der Stumme fehlte noch immer und war auch telefonisch nicht erreichbar. Hm, er war ohne Geld, Telefon und Ortskenntnisse. Na ja, erstmal Frühstück organisieren. Es gibt ja bekanntlich kein Problem, was sich nicht durch abwarten und nichtstun lösen ließe. Und nachdem wir uns im Aldi Süd mit Snacks eingedeckt hatten, trabte tatsächlich ein stummer Kai auf den Hotelparkplatz. Er hatte in Mainz noch zwei Typen gefunden (laut seinen Schilderungen sahen die aus wie Bud Spencer und Terence Hill), die ihn in eine Bar mitnahmen, wo bis 6 Uhr morgens Alkohol serviert wurde. Dann fuhren die beiden nach Hause und Kai-Uwe musste wohl oder übel zu Fuß zum Hotel aufbrechen. Während wir frühstückten, machte er sich frisch und danach ging es weiter nach Darmstadt.

Erlesenes Frühstück
  • 15.02.2014
  • SV Darmstadt 98 – SSV Jahn Regensburg 2:1
  • 3.Liga (III)
  • Stadion am Böllenfalltor (Att: 5.600)

Die paar Kilometer waren natürlich schnell gemeistert und in Darmstadt, präziser im Stadtteil Eberstadt, steuerten wir den angeblichen größten Biermarkt der Welt an. Hier wurde die EC-Karte mal wieder zum Glühen gebracht und jede Menge Bierspezilitäten für die Rückfahrt und den Hausgebrauch wurden aufgeladen. Natürlich sollte auch der Fassbiergenuss nicht zu kurz kommen und so hieß das nächste Etappenziel Hausbrauerei Grohe. Dort in der Nähe konnten wir gut und gratis parken und trafen in dem Brauhaus unsere Darmstädter Bekannten. Der Laden war am Matchday proppenvoll und das Grohe-Bier mundete vorzüglich. Gemeinsam brachen wir zeitig zum Böllenfalltor auf, wo wir noch ein Pils in der Lilienschänke am Stadion trinken wollten.

Shopping Queen DA-Eberstadt

Karten erwarben wir auch erst am Stadion und entschieden uns für preiswerte Stehplätze in der Kurve. Kurve war dort allerdings nicht als Fankurve zu verstehen, da die äußeren Blöcke der Haupttribüne (überdachte Sitzplätze) von den eingefleischesten Fans besiedelt werden. Wir standen mit viel Platz zwischen normalen Zuschauern. 5.600 Menschen hatten heute eine Eintrittskarte erstanden. Davon zunächst gerade mal ein paar Hände voll Regensburger Gäste. Jene hatten einen seperaten Bereich auf Gegengerade, die im Arena-Zeitalter zu den größten noch erhaltenen Stehplatztribünen Deutschlands gehören dürfte (auch wenn im Gästebereich noch ein paar Sitzschalen auf die Traversen geschraubt wurden). Neben dieser Tribüne und der bereits erwähnten überdachten Haupttribüne gab es noch zwei Stehplatzkurven, die wie die Gegengerade unüberdacht waren. Ein Darmstädter führte uns freundlicherweise durch das Stadion und wusste viel über Stadion, Club und Fanszene zu erzählen (Danke nochmal dafür!).

Rainy Day at The Bölle

Der moderne Arenafußball wirkt in Darmstadt noch weit weg. Es gibt zwar Pläne auch hier ein konkurrenzfähiges Stadion zu bauen, aber bei einem Verein, der zwischen dritter und vierter Spielklasse pendelt, sind die Eigenmittel doch arg begrenzt. Das Stadtsäckel dürfte ebenfalls nicht so locker sitzen. Gerade wo heuer unweit von Darmstadt ein abschreckendes Beispiel zu finden ist. Der 25 Millionen Euro teure Neubau in Offenbach wird schließlich aktuell nur von einem Viertligisten bespielt (OFC Kickers). Und in der 4.Liga müsste diese Saison eigentlich auch Darmstadt 98 spielen. Sie waren schon sportlich abgestiegen, aber ausgerechnet der Lizenzentzug des großen Rivalen Kickers Offenbach rettete ihnen den Ligaverbleib. Aus Darmstädter Sicht eine schöne Geschichte und dieses Jahr hat man trotz Low Budget Kader mal so gar nichts mit dem Abstiegskampf zu tun. Im Gegenteil, heute winkt bei einem Sieg sogar Platz 2. Die Saison ist noch lang und Heidenheim und die Energy-Drink-Werbeplattform aus Leipzig sind übermächtige Konkurrenz, aber wenn die eigentlich ambitionierteren Teams ab aktuell Rang 4 (Rostock, Duisburg, Osnabrück…) weiter die Punkte liegen lassen, ist vielleicht doch ein Platz in den Top 3 drin. Das Saisonziel Klassenerhalt haben sie jedenfalls zu 99,96% erreicht.

Der Regensburger Block

Ein Garant für den Höhenflug heisst Dominik Stroh-Engel. Der Stürmer, der sich vor knapp einem Jahrzehnt nicht bei Eintracht Frankfurt in der Bundesliga durchsetzen konnte, spielt bisher seine beste Saison im Herrenbereich. 14 Tore nach 19 Spielen schlagen zu Buche. Doch heute war es zunächst sein Sturmpartner Marco Toni Sailer, der sich nach 16 Minuten in die Torschützenliste eintragen durfte (nach Vorarbeit Stroh-Engel). Danach spielten beide Mannschaften auf einem sehr schlechten Feld (bei sehr schwierigen Witterungsverhältnissen) wenig berauschenden Fußball. Aber Darmstadt behielt die Kontrolle und ein Chancenübergewicht. Mittlerweile war übrigens auch noch ein weiterer Fanbus aus Regensburg mit den Ultras eingetroffen (standen im Stau), so dass der Gästeblock besser gefüllt war und sich auch mal akustisch bemerkbar machte. Stimmungstechnisch Herr im Haus blieben aber natürlich die Lilienfans.

Haupttribüne Bölle

In Hälfte Zwo kamen die 98er wieder zu einem relativ frühen Treffer. Diesmal bediente Sailer Stroh-Engel und DSE erzielte in der 61.Minute seinen Saisontreffer Nr. 15. Nun ließen die Lilien gar nichts mehr anbrennen und das 2:1 vom SSV Jahn in der 89.Minute war nur noch Ergebniskosmetik. Auf den Rängen feierte man das Erfolgsteam natürlich ausgiebig und hinter vorgehaltener Hand sprach man schon ein wenig vom Aufstieg. So nah ans Tor zur 2.Bundesliga klopft man vielleicht nicht so schnell wieder an. Wir genossen auch noch ein leckeres Pfungstädter (nach Grohe das zweite empfehlenswerte lokale Bier), bevor wir mit einer Darmstädter Bande, rund um meinen ehemaligen Mitbewohner, in die Innenstadt zogen.

Unterwegs in DA-City

Dort empfing uns der Ratskeller (auch eine Hausbrauerei) mit einer Happy Hour im urigen Ambiente (leckeres lokales Bier Nr. 3). Hier wären wir heute am liebsten alt geworden, aber wir haben ja auch ein Herz für Fahrer und brachen daher zur Tagesschau-Zeit wieder nach Niedersachsen auf. Als wir zurück am Neuner waren, sahen wir natürlich auch das ganze vormittags erworbene Bier wieder. Das hatten wir schon fast verdrängt. Diese beliebten Getränke und die hochwertige Musik der Singer-Songwriter-Combo Hansefront arteten in einer 1a-Bus-Party aus.

Ich packe meinen Kofferraum…

Darüber, wie es dann dazu kam, dass Ole mitten in Hessen noch in die Notaufnahme des Krankenhauses von Rotenburg an der Fulda musste, hüllen wir lieber den Mantel des Schweigens. Nur soviel, im Nachhinein konnten wir alle drüber schmunzeln.

Song of the Tour: Stellvertretend für die vielen lyrischen Meisterwerke dieser Hamburger Gossenkapelle.